Dein Chef möchte bis Freitag die fertigen Unterlagen haben. Dein Partner erwartet, dass Du pünktlich nach Hause kommst. Und Deine Freundin braucht Deinen Rat und möchte unbedingt mit Dir telefonieren. Du versuchst alle Erwartungen zu erfüllen und fühlst Dich hin- und hergerissen. Du funktionierst nur noch. Wann hast Du eigentlich das letzte Mal etwas für Dich getan?
Warum versuchen wir es allen anderen recht zu machen?
Zunächst ist da der Wunsch nach Liebe, Anerkennung und Zuneigung. Dieses menschliche Grundbedürfnis wird besonders gut erfüllt, wenn wir anderen viel helfen, immer nett sind und niemals nein sagen. Wenn Du immer freundlich bist, Dich für die anderen aufopferst und stets brav alle Wünsche erfüllst, dann bekommst Du unter Umständen dafür Zugehörigkeit, Lob und Beliebtheit.
„Mache es allen recht. Alle sollen Dich mögen und anerkennen.“
„Du musst hilfsbereit sein.“
„So kannst Du nicht aus dem Haus gehen!“
„Was sollen denn die anderen davon halten?“
„Was denken denn dann die Nachbarn von Dir?“
„Man muss auch an die anderen denken.“
Solche oder ähnliche Sätze hast Du in Deinem Leben vermutlich schon oft gehört. Unsere Erziehung und Sozialisation gibt uns mit solchen Sätzen Werte und Normen mit auf den Weg. Diese sollen uns Orientierung und Handlungsanleitung sein. Eltern, Großeltern, Erzieher, Lehrer wollen uns von klein auf beibringen, wie man sich „richtig“ verhält. Mit den Jahren wachsen daraus Einstellungen, die wir übernehmen. Zusammen mit dem oben genannten Grundbedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit entsteht so oft der Druck, es allen recht machen zu müssen. Dazu gehört auch, dass man möchte, dass andere immer gut von einem denken.
Wenn Du immer nur darauf bedacht bist es allen anderen recht zu machen, dann wirst Du Dich selbst dabei völlig vergessen. Eigene Bedürfnisse, Wünsche, Meinungen und Hobbys rücken dann in den Hintergrund. Du vergisst, was Du selbst möchtest, achtest zu wenig auf Dich und funktionierst nur noch für die anderen. Dies führt auf Dauer zu Unzufriedenheit mit der eigenen Situation. Im schlimmsten Fall weißt Du irgendwann gar nicht mehr, was Du möchtest, welche Bedürfnisse Du hast und was Dir wichtig ist. Dann hast Du das Gefühl für Dich selbst verloren und keinen Zugang mehr zu Dir. Tatsächlich können sogar Depressionen und Burnout die Folge sein.
Du bist zum Großeinkauf im Supermarkt. Am Wochenende bekommst Du Besuch von Freunden und kochst für sie. Dein Einkaufswagen ist entsprechend voll. Du stellst Dich an der Kasse an und beginnst Deine Einkäufe aufs Band zu legen. Hinter Dir stehen noch andere Einkäufer. In welchem Tempo legst Du Deine Waren aufs Band? Vermutlich ziemlich schnell. Und warum? Weil Du es den wildfremden Menschen hinter Dir recht machen möchtest. Sie sollen nicht warten müssen oder sich über Dich wundern oder gar genervt von Dir sein. Also schickst Du Dich und lädst schnell aus und wieder ein und musst danach erstmal durchschnaufen. In dieser Art gibt es viele Beispiele: Warum ist es so wichtig Fenster zu putzen? Wirklich für Dich oder für die Nachbarn? Warum kehrst Du pünktlich die Straße und entfernst das Unkraut aus dem Vorgarten? Wirklich für Dich?
Wenn Du Deine Einstellung ändern möchtest, dann musst Du zwei Dinge tun: umdenken und üben. Zum Umdenken kannst Du Dir folgende Fragen stellen:
Diese Fragen solltest Du Dir immer wieder stellen und Deinen Alltag entsprechend umstellen. Und dann geht es ans Üben. Übe nein zu sagen, übe Dinge einmal nicht zu tun, auch wenn sie von Dir erwartet werden, übe an Dich zu denken und Deine Bedürfnisse vorne anzustellen. Die Gedanken und Sätze, die Du in Deinem Leben gelernt hast, kannst Du ändern und sie können Dir beim Üben helfen:
Schreibe Dir diese Sätze sichtbar auf. Hänge sie an die Pinnwand, verwende sie als Bildschirmschoner oder mache Dir einen kleinen Zettel für den Geldbeutel. Sorge dafür, dass Du die Sätze immer wieder liest. Dann gehen sie Dir in Fleisch und Blut über und Du kannst sie im Bedarfsfall leichter abrufen. Und ein schöner Spruch zuletzt:
„Du kannst der schönste Pfirsich sein. Es gibt einfach Menschen, die mögen keine Pfirsiche.“