Schade, dass man tausend gute Dinge tun muss, um zu beweisen wie toll man ist, aber nur einen Fehler begehen muss, um nichts mehr wert zu sein.
– Vom Reptiliengehirn zur fehlerfreundlichen Kultur –
„Undank ist der Lohn der Welt,“ jammert mancher.
„Um als gut zu gelten, musst du 1000 gute Dinge tun. Mache einen Fehler, stehst du am Pranger.“
Wer jetzt zustimmend nickt, der urteilt moralisch. Aber war das jemals zielführend?
Zwei Fragen bringen wirklich weiter:
Warum ist die schlechte Nachricht die beachtete Nachricht? Und: Wie kommen wir zu einer anderen Fehlerkultur?
Jetzt mal unter uns: Was passiert in dir, wenn man dich eines Fehlers bezichtig?
Wenn du ehrlich bist, kommen in dir zuerst die Worte: Ich war’s nicht!
Denn wir wissen: Fehler werden bestraft. Das haben wir fast alle erfahren, mehr oder weniger schmerzhaft.
In den Hirnarealen, die für Scham und Bestrafung zuständig sind, feuern jetzt die Neuronen. Diese Stressreaktion ist kaum mehr zu unterbrechen. Daher aktiviert unser ältester Hirnteil, das Stamm- oder Reptilienhirn, beeindruckt vom neuronalen Feuerwerk, sein autonomes Notprogramm:
Kämpfen, Fliehen oder Totstellen.
Egal, dass dein einziger Fehler nach Tausend guten Taten passierte. Eigentlich eine sensationell positive Quote, aber dennoch fürchtest du jetzt um dein Leben. Je nach Charakter und Einschätzung der sozialen Situation wählst du deine Variante der Fehlerbeantwortung: Andere Beschuldigen, Ausweichen oder Ignorieren.
Auf den Bühnen der Welt kannst du Menschen täglich bei diesem Programm beobachten.
Auch dieses Phänomen steckt in unserer Betrachtung einer Wertung von 1000-mal GUT im Verhältnis zu 1-mal SCHLECHT: Negatives wird von unserem Gehirn immer mehr beachtet als Gutes. Und es ist für die Bewertung einer Situation entscheidend.
Dass unsere Aufmerksamkeit instinktiv sofort auf das vermeintlich Ekelige, eventuell Gefährliche und für unser Weiterleben Schlechte fällt, sicherte unser Überleben.
Ein anderer enthaltener Aspekt darin ist auch die Präsenz des unerwartet Plötzlichen vor dem Hintergrund des Gewohnten:
An die monotonen Geräusche des Sturmwindes in den Ästen und Zweigen eines Baumes vor dem Fenster gewöhnst du dich. Beim krachenden Brechen eines großen Astes aber schreckst du auf.
Zurück zum Moment, an dem du eines Fehlers beschuldigt wirst: Deine persönliche Reaktion ist verständlich und entzieht sich wahrscheinlich bisher deiner Kontrolle. Nun stelle dir vor, man würde dich nicht verurteilen, sondern sich bei dir bedanken:
„Wunderbar, du hast uns gezeigt, wie und wo man fehlen kann. Das wussten wir so noch nicht. Du wohl auch nicht. Dann lasst uns gemeinsam schauen, wie wir das zukünftig besser machen können.“
Klingt unglaublich, ist aber möglich. In Hochzuverlässigkeitsorganisationen (HROs) wird es bereits praktiziert: Ein schamhaft versteckter Fehler kann dort eine Katastrophe auslösen.
Einer solche Kultur befreit uns aus dem Reptilienhirnmuster – sie würde keine auslösenden Trigger bieten.
Wir könnten endlich tun, was Führungskräfte sich heute wünschen: Mut haben zu Fehlern.
Erkannte Fehler sichern den Fortschritt, wenn man sie erkennt und Nutzen daraus zieht. Aus heimlich versteckten Fehlern lernt keiner.
Unser Immunsystem wäre nichts wert, wenn es seine Kraft nicht aus der Auseinandersetzung mit Anfechtungen der Umgebung, den „Fehlern“ gewinnt.
Keine Ahnung, wann die neue Fehlerkultur greifen wird. Erkennen werden wir sie daran, dass nach einem Finale die Fans der unterlegenen Mannschaft ihren Fehlschützen beim Elfmeterschießen jubelnd auf den Schultern durch das Stadion tragen.
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