An das Gute im Menschen glauben – Sollten wir das tun?
Mit dem Guten im Menschen verbinden wir in erster Linie Ehrlichkeit, Altruismus (zumindest das Fehlen von Egoismus) und Loyalität. Die meisten Menschen erleben früh im Leben, dass das Gute im Menschen nicht immer präsent ist und verlieren mit der Zeit den Glauben an das Gute. Berechtigt oder sollte der Glaube an das Gute im Menschen erhalten bleiben?
Um an das Gute im Menschen glauben zu können, muss jedem Menschen eine Definition von gut und böse innewohnen. Das „Gute“ wie auch das „Böse“ sind nichts weiter als abstrakte Erfindungen des Menschen, die sich von Kulturkreis zu Kulturkreis unterscheiden können. Meist zielen sie auf moralisch gutes Handeln ab, bei dem nicht beabsichtigt wird, den eigenen Vorteil zu vergrößern.
Um eine persönliche Definition von gut und böse zu erlangen, ist die Fähigkeit erforderlich, neben der eigenen Perspektive, auch die von anderen Menschen übernehmen zu können. Neben der Perspektivübernahme wäre der nächste Schritt, sich gegenüber anderen Menschen empathisch zu verhalten. Wer nach der Maxime (frei nach Immanuel Kant) handelt, dass man nur so handeln sollte, dass das eigene Handeln ein allgemeingültiges Gesetz werden könne, der hat bereits einen großen Schritt in Richtung „gut sein“ getan.
Das Gute wird vor allem deshalb als wichtig angesehen, da in dem Zusammenleben in einer sozialen Gruppe Regeln vonnöten sind. Da Menschen es vorziehen ohne Gewalt in Frieden und Harmonie zu leben, liegt es nahe, dass der Glaube an das Gute im Menschen dominierend sein sollte. Ob die Einhaltung der gesetzten Spielregeln aus reinem Egoismus als erstrebenswert angesehen werden (Motiv kann es beispielsweise sein, den Wunsch zu haben, unbeschadet durchs Leben zu gehen) oder dem Guten im Menschen entspringen, kann wohl nicht eindeutig geklärt werden.
Die Persönlichkeit eines Menschen ist zu großen Teilen angeboren. Allerdings wird jeder Mensch ab dem Zeitpunkt seiner Geburt durch die Umwelt beeinflusst. Menschen, die in der Vergangenheit viel Liebe erfahren, sind häufig offener und gutherziger als Menschen, die mit Hass und Gewalt konfrontiert waren.
Gleichzeitig ist dem Menschen ein gewisser Hang zur Aggression angeboren. Kant sagte einst, der Mensch sei von Natur aus böse. Gewagte These? Nicht unbedingt. Während Tiere hauptsächlich töten, um Nahrung zu haben, tötet der Mensch aus Eifersucht, Habgier, Rache und vielen weiteren Motiven. Der Hang zur Gewalt bei einer niedrigen Frustrationstoleranz oder die Zufügung von psychischer und physischer Gewalt zur Bedürfnisbefriedigung ist ein im Menschen scheinbar individuell mehr oder minder ausgeprägtes natürliches Verhalten. Sie müssen allerdings gar nicht so weit gehen, um sich der natürlichen Grausamkeit eines Menschen bewusst zu werden. Die Vorstellung, zu was ein Mensch fähig ist, muss bei Weitem nicht so drastisch ausfallen, wie hier skizziert.
So kann in einer Beziehung durch Betrug oder eine Lüge der Glaube an das Gute im Menschen vernichtet werden, ohne, dass die Absicht bestand, dem Partner schaden zu wollen. Wie sollen wir mit einem derartig schwammigen und fragilen Konstrukt wie der Glaube an das Gute im Menschen umgehen?
Jean Paul, ein deutscher Dichter und Schriftsteller, sagte einst: „Wer an das Gute im Menschen glaubt, bewirkt das Gute im Menschen.“ Frisch gebackene Eltern tun gut daran, sich an diesem Glaubenssatz zu orientieren, an das Gute im Menschen zu glauben und ihre Erziehung entsprechend positiv auszurichten. Nur weil dem Menschen neben dem Guten das Böse innewohnt, muss das Schlechte keinesfalls überhandnehmen.
Nicht selten passiert es, dass Menschen das in sie gesetzte Vertrauen – besser gesagt den Vertrauensvorschuss – schamlos ausnutzen. Waren Sie in der Vergangenheit mit solch einem Verhalten konfrontiert, fällt es Ihnen vermutlich schwer, vorbehaltlos an das Gute im Menschen zu glauben und Sie werden sich gegenüber neuen Freundschaften und Menschen in Ihrem Leben zunächst verschließen. Eine nachvollziehbare Reaktion, doch es ist ratsam, sich in Erinnerung zu rufen, dass Ihnen deutlich mehr Menschen in Ihrem Leben begegnen werden, die gut handeln und weniger jene, die böse Absichten haben.
Die Frage, ob Sie persönlich auf zwischenmenschlicher Ebene und in Beziehungen grundsätzlich an das Gute im Menschen glauben sollten, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Durch die nur auf zwischenmenschlicher Ebene bestehenden Gesetze und Regeln ist es immer ein Risiko, seinem Gegenüber ohne jeglichen Vorbehalt vollkommen zu vertrauen. Ratsam ist es, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und bei Zweifeln und Unbehagen gegenüber einem anderen Menschen zu Beginn etwas Vorsicht walten zu lassen. Sich zu einem späteren Zeitpunkt weiter zu öffnen ist einfacher, als das gezahlte Vertrauen zurückzunehmen und die Enttäuschung in den anderen Menschen zu verarbeiten.
Dennoch ist es als eine Aufgabe zu betrachten, an das Gute im Menschen zu glauben. Der Glaube an das Gute fördert innerhalb einer Gesellschaft Frieden und Harmonie und hat nachhaltigen Einfluss auf nachfolgende Generationen und die Umwelt. Skepsis und rücksichtsloses Verhalten gegenüber Menschen, Tieren und der Natur verursacht langfristige Schäden, die keinem helfen.
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