We are family – in guten und in schlechten Zeiten
Wann begann das Ganze eigentlich? Ich kann es nicht mehr genau sagen – ab Januar war es lange Zeit für mich das Virus, das in China ausgebrochen ist. Weder mit meiner Familie noch geschäftlich hatte ich die nächste Zeit geplant, nach Asien zu reisen und hakte die news daher unter „schlimm, aber betrifft Deutschland, meine Familie und mich nicht“ ab.
Sowohl mein Mann als auch ich sind beruflich stark eingespannt und haben die Zeichen nicht wirklich wahrgenommen. Innerhalb weniger Tage kam dann der Rundumschlag: Schule ab nächster Woche geschlossen, Skiurlaub gecancelt, Homeoffice für meinen Mann und mich und reihenweise machten Musikschule, Fitnessstudio und Yogaraum ihre Türen zu.
So… Wie oft haben wir uns mehr Zeit gewünscht – mit unserem Sohn, um auszuschlafen, um einmal wieder gemeinsam ein Wochenende ohne Termine zu verbringen, für Sport, die neuen Bücher, die ungelesen im Regal verstauben. Da war sie, die Chance – auf Entschleunigung, auf Zeit, auf so viel mehr!
Ganz ruhig bleiben
Ruhe bewahren und analytisch an die Sache rangehen: Wir stellten gemeinsam einen Plan für die nächste Woche auf (gingen wir wirklich davon aus, das Ganze wäre in einigen Tagen vorbei?). «Je mehr Menschen zu Hause bleiben und sich nicht mit anderen treffen, um so schneller ist alles vorbei und wir sind wieder in der Firma, Leo wieder in der Schule und alles geht seinen gewohnten Gang» argumentierte mein Mann. Ich gab ihm Recht und so beschlossen wir, mit gutem Beispiel voranzugehen und das Selbstexperiment zu wagen – meine Familie, Corona und ich – eine Woche komplett zu Hause!
Bevor wir in die selbst auferlegte Quarantäne bzw. ins Exil (mit Strom, Wasser, Heizung und Netflix) starteten, mussten unbedingt noch
Und dann fiel die Haustür hinter uns zu.
Bislang schien alles normal – eben wie ein wunderschöner Frühlingstag mit tollem Wetter. Diesen haben wir in unserem kleinen Garten verbracht, gegrillt, gespielt und uns gegenseitig versichert, dass alles sehr gemütlich und normal sei.
Start morgens vor 7.00 Uhr im Homeoffice. Deadline für die Abgabe diverser Unterlagen zwei Stunden später. Ab 8.00 Uhr Stress im Kinderzimmer, da E-Learning nicht funktioniert („Mama, das geht nicht„). Zwischen Kind und eigenem Laptop hin und her gesaust. Zwischen 7.30 – 9.00 Uhr bereits einhundertmal das Wort Maaamaaa gehört…. Das E-Learning funktioniert irgendwann, mein Zugang zum Verlagsserver leider nicht. Dann taucht mein Ehemann aus den Tiefen seines Büros auf und fragt nach Frühstück.
Atmen und weiterarbeiten. Der Abgabetermin ist gerade so geschafft, klingelt das Handy. Unser Abteilungsleiter möchte gerne eine kurze Konferenz mit allen Kollegen via zoom. Mein Blick fällt auf meine gemusterten Leggings, die grünen Flip-flops und die alte Lieblings-Karobluse. War ich eigentlich heute schon im Bad?
Ich treffe um 6.00 Uhr an Max` Hundekorb auf meinen Mann – dieser bereits im Laufdress und mit Leine in der Hand. Ich kann ihn überzeugen, dass ich erstmal mit dem Hund eine ruhige Runde gehe, er in der Zwischenzeit Frühstück macht und anschliessend eine grosse Laufrunde mit Max drehen kann.
Der Hund benötigt ja auch dringend Bewegung. Nachmittags hatte unser Hund bereits sechsmal an diesem Tag Bewegung in Form eines Riesenspazierganges. Als ich ihn zum Abendspaziergang holen möchte, finde ich ihn nicht. Leo entdeckt ihn schliesslich schlafend hinter dem Gartenhäuschen – zumindest tut er so?.
Ohne grössere Katastrophen überstehen wir die erste Woche und blicken mehr oder weniger freudig auf die zweite („Mama, wann kommt Emma wieder? Ich würde mich so freuen, wenn sie mal wieder kocht“ – „Emma kommt erst nach Corona wieder, schmeckt Dir mein Essen nicht?“ Betretenes Schweigen…
Mein Mann muss Ende der Woche so dringend ins Büro – genau diese Unterlagen, die er dort vergessen hat, gibt es nämlich nicht digital auf seinem Rechner. Offensichtlich sind sie zudem auch noch gut versteckt, er kommt den ganzen Nachmittag nicht zurück. Ich mutmasse, dass an diesem Tag viele Mitarbeiter seines Teams die gleichen Unterlagen suchen.
Und jetzt reissen wir uns alle mal zusammen… – wie oft habe ich diesen Satz in den letzten Tagen wiederholt wie ein Mantra – für Kind, Mann und mich selbst. Teilweise sogar für unseren Hund?.
Nicht immer ist der Lehrer schuld. Ich mag und vermisse meine Kollegen, auch die, die ich eigentlich nicht mag. Der Hund muss nicht mehr als sechsmal am Tag raus. Make-up und Business outfit wird überbewertet. Kochbücher auch. Man braucht eigentlich gar nicht so viel. Ich liebe meine Familie. Und jetzt reissen wir uns alle mal zusammen.