Es ist eine der größten Verletzungen innerhalb einer Beziehung: ein Seitensprung. Wenn einer der beiden Partner fremdgeht, ist das für den anderen häufig ein sofortiger Trennungsgrund. Ein unverzeihlicher Fehler, der sehr weh tut und nicht wieder gut zu machen scheint. Doch ist das tatsächlich so oder kann und darf man einen Seitensprung auch verzeihen?
In den Werten der meisten Menschen sind Treue und Vertrauen zwei der wichtigsten Grundvoraussetzungen auf denen eine Beziehung aufbaut. Geht ein Partner fremd, werden beide Werte massiv erschüttert. Besonders intensiv, wenn der andere Partner nur durch einen Zufall von der Affäre oder dem One-Night-Stand erfährt und er vorab belogen wurde. Der betrogene Partner stellt dann die ganze Beziehung infrage: Warum wurde ich betrogen? Wie lange geht das schon? Wie viele Lügen habe ich gehört? Werde ich überhaupt noch geliebt? Ist die Beziehung vielleicht schon lange kaputt? Trage ich eine Teilschuld? Ein wahrer Sturm an Gefühlen bricht aus: Wut, Verzweiflung, Traurigkeit, Hass und Enttäuschung. Die Trennung als Konsequenz steht sofort im Raum.
Doch muss es zwangsläufig zu einer Trennung kommen? Oder kann der Betrogene den Fehler auch verzeihen und die Beziehung fortsetzen? Dabei stellen sich eigentlich zwei Fragen: Darf moralisch verziehen werden? Und kann aus dem tiefsten Inneren überhaupt verziehen werden?
Moralisch darf man einen Seitensprung auf jeden Fall verzeihen. Es gibt keine Vorschrift, dass ein Betrug automatisch zum Ende der Beziehung führen muss. Auch, wenn in den Köpfen der Gesellschaft diese Meinung häufig vertreten wird. Einzig und alleine die beiden Partner entscheiden, ob es eine Trennung geben wird oder nicht. Interpretationen, Meinungen und Ratschläge von anderen können eine Entscheidungshilfe sein, müssen aber definitiv nicht befolgt werden.
Viel schwieriger ist die Frage, ob der Betrogene überhaupt verzeihen kann. Die Affäre lässt meist massive Gefühle entstehen, die verarbeitet werden müssen. Gefühle, die so tief sitzen können, dass künftig keine vertrauensvolle Beziehung mehr entstehen kann. Dann ist der Schaden zu groß und es muss eine Trennung geben. Aber das ist nicht immer so. Es gibt auch Menschen, die einen Betrug verzeihen können und die Beziehung weiterführen. Entscheidend sind dabei häufig die Antworten auf folgende Fragen:
Sicherlich ist es leichter einen einmaligen Ausrutscher zu verzeihen als eine jahrelange Affäre im Doppelleben. Einen Betrug mit einer fremden Person steckt man besser weg als einen Betrug mit der besten Freundin oder dem geschätzten Nachbarn. Und ein spontanes Erlebnis im Vollrausch ist eher zu verkraften als ein geplanter Betrug bei einer angeblichen Geschäftsreise. Entscheiden sind zunächst also die genauen Umstände der Untreue.
Entscheidet Ihr Euch als Partner gegen eine Trennung, ist es wichtig das Geschehene aufzuarbeiten. Die logische Konsequenz der Untreue sind häufig Misstrauen und Kontrollzwang. Das ist auch verständlich, aber für einen Neubeginn nicht förderlich. Um dies mit der Zeit wieder abzubauen, müssen die Gefühle bearbeitet werden und beide Partner müssen viel Energie und Zeit in die Rettung der Beziehung investieren. Lange Gespräche und das Aussprechen von Gefühlen sind genauso wichtig wie viel positive Zeit miteinander ohne den Betrug zu thematisieren. Bei schweren Verletzungen kann auch eine Paartherapie helfen, über den Betrug hinwegzukommen.
Ein Seitensprung ist nicht zu empfehlen. Das Risiko ist sehr groß, dass es zu einer Trennung kommt und viele negative Konsequenzen sind die Folge. Kam es dennoch zu Untreue, kann der Versuch die Beziehung zu retten das Paar aber auch weiterbringen. In der gemeinsamen Aufarbeitung entwickelt sich die Beziehung meist automatisch weiter. Paare reden wieder miteinander, sprechen Gefühle und sexuelle Vorlieben an oder verbringen wieder mehr Zeit miteinander. So kann rückblickend betrachtet auch ein positiver Effekt entstehen und die Beziehung sogar gefestigt werden, wenn sie überlebt.