Beleidigt sein ist eine Sache der Kinder? Wer an das Schmollen denkt, sieht ein trotziges Kleinkind mit gespitztem Mund und wütenden Augen in der Ecke stehen? Mag sein, dass Kinder das gut können. Aber Erwachsene können es mindestens genauso gut.
Ein Beispiel aus dem Leben – Valentina ist beleidigt
Valentina ist 35 Jahre alt und hat einen stabilen Freundeskreis. Sie trifft sich regelmäßig mit ihrer Gruppe, zu der neben ihr noch fünf weitere Frauen gehören. Die Freundinnen kennen sich schon lange und unternehmen oft etwas miteinander. Eines Tages ging Valentina durch die Stadt und sah von weitem ihre Freundinnen in einem Café sitzen. Sie kam näher und erkannte, dass alle fünf zusammen saßen und miteinander lachten. Valentina war tief getroffen. Wieso war sie nicht informiert worden? Warum treffen sich alle ohne sie? Warum wurde sie ausgeschlossen? Valentina war so entsetzt und beleidigt, dass sie einfach am Tisch vorbeilief. Die anderen sahen sie und riefen, doch sie ignorierte die Rufe ihrer Freundinnen und ging tief verletzt und beleidigt einfach nach Hause. Telefonanrufe und Nachrichten ignorierte sie in den nächsten Tagen. Erst nach etwa einer Woche legte sich ihr Schmollen wieder etwas und sie war bereit eine Freundin zurückzurufen.
Grund für unser Eingeschnapptsein ist meist ein persönlicher Angriff oder eine herbe Zurückweisung. Es sind meist Situationen, in denen wir etwas sehr persönlich nehmen. Dabei spielt zunächst keine Rolle, ob es tatsächlich und objektiv so war. Wir nehmen einen persönlichen Angriff wahr und reagieren entsprechend. Wir ziehen uns zurück oder ignorieren den anderen. Oder wir reagieren pampig oder gar aggressiv. Auf jeden Fall sehr emotional und in keinster Weise mehr sachlich. Unsere Emotionen gewinnen die Oberhand und leiten uns.
Doch wenn wir ehrlich sind, bringt uns das Beleidigtsein kein bisschen weiter. Im Gegenteil: Wir sind nicht mehr in der Lage sachlich und konstruktiv die Auseinandersetzung zu führen und schaden uns damit eigentlich selbst. Nicht selten kommen wir später wieder zur Besinnung und merken, wie blöd wir reagiert haben. Dann schämen wir uns meist für unser eingeschnapptes Verhalten. Damit haben wir die Situation dann eigentlich eher dramatisiert als entspannt.
Übrigens: Die Freundinnen von Valentina hatten sich nahezu alle zufällig getroffen und ganz spontan entschieden, einen schnellen Kaffee trinken zu gehen. Kurz vor Valentinas Auftreten, hatten sie noch erwähnt, wie schön es wäre, wenn jetzt noch Valentina vorbeikäme.