Lernen am Modell: Zeige mir was Du tust und ich mache es nach!
Wenn Kinder in einer Gesellschaft aufwachsen und deren Regeln, Werte und Normen erlernen, sprechen wir von deren Sozialisation. Sie sollen zu gesellschaftsfähigen Erwachsenen erzogen werden. Eltern, Großeltern, Erzieher, Geschwister, Freunde, Lehrer: Nahezu alle Sozialkontakte im Kindes- und Jugendalter wirken bei der Sozialisation mit. Doch Kinder lernen dabei nur bedingt durch das, was ihnen mitgeteilt wird. Viel mehr lernen sie durch das, was sie beobachten.
Stellen wir uns einmal ein Kind vor, dass in einer Gesellschaft aufwächst, in der es verboten ist zu lügen. Das Kind erfährt von klein auf, dass Lügen nicht erlaubt ist und bestraft wird. Die Eltern, Geschwister, Erzieher und Lehrer weisen das Kind streng darauf hin und machen die Bedeutung der Regel durch Worte deutlich. Stellen wir uns vor, dass in genau dieser Gesellschaft das Kind aber permanent beobachtet, dass die Erwachsenen sehr wohl lügen. Die Mutter lügt den Vater an, der Bruder die Mutter, die Lehrerin die Eltern, die Freundin die Nachbarin und die Erzieherin die Kinder. Immer wieder kann das Kind deutlich beobachten, dass jemand lügt. Durch Worte lernt es also, dass es nicht lügen darf. Die Beobachtungen ergeben aber ein ganz anderes Bild. Was wird das Kind im Laufe seines Lebens tun? Lügen oder nicht?
Die Pädagogik ist sich sicher. Kinder lernen am meisten durch das Beobachten von Modellverhalten. Das bedeutet, dass Kinder ihre Bezugspersonen genau beobachten und sie nachahmen. Dies wird deutlich, wenn wir an die Entwicklung von Babys denken. Bereits das erste Lächeln ist am Modell gelernt. Babys beobachten Mutter und Vater und ahmen die liebevolle Geste nach. Sie sehen andere Kinder und Eltern laufen und versuchen auf die eigenen Beine zu kommen. Sie beobachten wie andere sich Essen in den Mund stecken und ahmen es nach. Babys beginnen damit ganz von alleine, sie brauchen keine mündliche Aufforderung. Genau das ist Lernen am Modell. Und dieses Lernen ist besonders einprägsam.
Im weiteren Verlauf der Sozialisation geht es genauso weiter. Kinder beobachten was ihre Bezugspersonen tun und nicht tun und ziehen Schlüsse daraus. Im Unterbewusstsein erinnern sie sich später an ähnliche Situationen, die sie beobachtet haben und greifen auf diese Erfahrung zurück. Ein Kind, das beobachtet wie die Mutter anderen hilft, wird hilfsbereit werden. Ein Kind, das beobachtet wie liebevoll der Vater mit Tieren umgeht, wird dies vermutlich auch tun. Ein Kind, das Liebe und Respekt erhält, wird diese Werte übernehmen und an andere weitergeben. Es ist also von enormer Bedeutung, was wir unseren Kindern vorleben und wie wir mit diesen umgehen. Werte, die wir vermitteln wollen, müssen wir auch selbst leben und vorzeigen.
Und Kinder übernehmen natürlich auch negative Verhaltensweisen und Werte, wenn sie dies vorgelebt bekommen. Ein Kind, das in einer gewaltbereiten Familie aufwächst, hat ein wesentlich höheres Risiko selbst gewalttätig zu werden. Ein Kind, das in einem Umfeld mit viel Alkohol aufwächst, greift später selbst schneller zum Alkohol. Und wenn ein Kind beobachtet, dass sich die Eltern im Streit anschreien, wird es in einer eigenen Konfliktsituation viel wahrscheinlicher selbst laut. Sogar wir Erwachsenen lernen noch am Modell. Beginnen wir beispielsweise eine neue Arbeit, beobachten wir die Kollegen genau. Wie gehen die anderen Mitarbeiter mit dem Chef um? Wie zuverlässig und pünktlich kommen sie? Und wie hoch ist die Arbeitsmotivation. Unser Verhalten wird auch davon beeinflusst, was wir beobachten können.
Für die alltägliche Erziehung können wir daraus folgende Tipps ableiten:
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